Der objektive Tatbestand ist im Strafrecht die Summe aller äußeren Tatbestandsmerkmale. Jene Tatbestandsmerkmale beschreiben die Persönlichkeit des Täters, die Tathandlung, das Tatobjekt und gegebenenfalls den Erfolg. Ein bedeutsames Element ist die Ursächlichkeit, ergo Kausalität. Im Zuge der Kausalität wird geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen einer Handlung und einem Erfolg vorliegt, der strafrechtlich relevant ist. Die subjektive Vorstellung des Täters ist bei der Frage der Kausalität außenvor zu lassen. Von einem Rechtsanwalt zu beachten ist, dass zwischen der Kausalitätsfrage und der Haftungsfrage eine strenge Trennung vorgenommen werden muss.
1. Prinzipien:
Tatsächliche Kausalverlauf:
Hierbei sind nur der wirkliche Geschehensablauf und der Erfolg in seiner konkreten Gestalt von Bedeutung. Folglich wird der hypothetische Kausalverlauf nicht berücksichtigt.
Mitkausalität:
Unter Mitkausalität versteht man, dass der Erfolg nur durch das Zusammenwirken mit anderen Umständen eintreten konnte.
Alternative Kausalität:
In Fällen von alternativer Kausalität steuern mehrere Kausalketten unabhängig voneinander auf denselben Erfolg hin und führen diesen auch gleichzeitig herbei.
Überholende Kausalität:
Auch hier steuern mehrere Kausalketten auf einen Erfolg, allerdings wird eine Kette davon schneller wirksam, wodurch die andere überholt wird und somit allein zum Erfolgseintritt führt.
2. Kausalitätsformeln:
Äquivalenztheorie:
Die Äquivalenztheorie besagt, dass ein Tun kausal für den Erfolg ist, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg entfiele. Alle Ursachen, welche nicht weggedacht werden könnten, ohne dass der Erfolg entfiele, werden als gleichwertig angesehen. Das bedeutet, dass generell hierbei nicht von nahen und entfernet, typischen oder atypischen, normalen oder zufälligen Ursachen unterschieden wird.
Fallbeispiel:
Ein angetrunkener Autolenker verliert auf dem Heimweg vom Gasthaus auf einer kurvigen Landstraße die Kontrolle über sein Fahrzeug, weshalb er auf die Gegenfahrbahn gerät und daher mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammenstößt. Grundsätzlich wird die dem kurvigen Straßenverhältnis unangepasste Fahrweise bzw. Geschwindigkeit ursächlich für den Unfall sein. Allerdings spielt die Alkoholisierung des Lenkers in diesem Fall eine ebenso tragende Rolle. Bekanntlich verringert Alkohol die Reaktionsfähigkeit und erschwert in casu dem Autofahrer die Beherrschung über sein Fahrzeug zu wahren. Wenn man sich also die beiden Ursachen – Alkoholisierung, unangepasste Geschwindigkeit – wegdenkt, dann wäre der Unfall wahrscheinlich nicht passiert, da der Autolenker nicht von seiner Fahrbahnseite abgekommen wäre.
Conditio – sine qua non Formel:
Die Äquivalenztheorie besagt, dass ein Tun kausal für den Erfolg ist, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele.
Fallbeispiel:
Die Tochter und gleichzeitig Erbin des Vermögens ihres Stiefvaters, verabreicht diesem eine tödliche Überdosis eines Herzmedikamentes, sodass dieser an einem Herzinfarkt ums Leben kommt. Im Zuge der Obduktion wird allerdings festgestellt, dass der besagte Stiefvater in ca. 2 Monaten sowieso an Lungenkrebs im Endstadium gestorben wäre. Für den vorzeitigen Tod ist ohne Zweifel das Verabreichen des Herzmedikaments kausal. Denn wenn man sich diese Handlung wegdenkt, dann wäre der Stiefvater nicht zu diesem Zeitpunkt verstorben, sondern erst ca. 2 Monate später. Wenn man allerdings nicht auf den konkreten Erfolg abstellt, sondern lediglich auf den tatbestandlichen Erfolg, ergo Tod, dann könnte sich jeder Mörder entlasten, da sterben menschlich ist und somit das Opfer sowieso zu einem späteren Zeitpunkt gestorben wäre.
Lehre nach der gesetzmäßigen Bedingung:
Nach der Theorie der gesetzmäßigen Bedingung muss zwischen dem Verhalten und dem eingetretenen Erfolg ein naturgesetzlicher Zusammenhang bestehen. Hierbei beruft man sich auf wissenschaftliche Erfahrungswerte.